
Stillen: Frei entscheiden – ohne Einfluss von Werbung
Mütter sollen gut informiert und ohne Einfluss von Werbung entscheiden können, wie sie ihr Baby ernähren. Damit dies gelingt, gibt es gesetzliche Regelungen und werbefreie Beratungsangebote.
Stillen hat viele Vorteile für Mutter und Kind. Damit Mütter nicht durch Werbung vom Stillen abgehalten werden, ist die Vermarktung von industriell hergestellter Flaschenmilch streng geregelt. So darf Säuglingsanfangsnahrung zum Beispiel generell nicht beworben werden: weder in Kliniken, Geschäften oder kinderärztlichen Praxen noch an anderen öffentlichen Orten.
Auch welche Informationen auf den Muttermilch-Ersatzprodukten stehen dürfen, ist gesetzlich geregelt. Die Verordnung für die Kennzeichnung und Bewerbung von Flaschenmilch gilt in der Europäischen Union und somit auch in Deutschland (Delegierte Verordnung (EU) 2016/127).
Regelungen sollen Eltern vor Werbung schützen
- Grundsätzlich verboten sind Werbegeschenke mit dem Logo des Herstellers von Milchersatzprodukten.
Für Informationen, die auf den Produkten stehen, gilt:
- Sie dürfen sich nicht anhören, als sei das Ersatzprodukt besser als Muttermilch oder gleich gut.
- Sie dürfen nicht so formuliert sein, dass sie Mütter vom Stillen abhalten.
- Sie müssen verdeutlichen: Eine Entscheidung gegen das Stillen kann später nur schwer wieder rückgängig gemacht werden.
- Sie müssen darauf hinweisen: Zusätzliches Füttern mit der Flasche kann das Stillen erschweren.
Für Säuglingsanfangsnahrung – bekannt als "PRE" oder "1" – gelten weitere Regeln, zum Beispiel:
- Hersteller dürfen die Produkte nicht öffentlich bewerben und keine Infomaterialien an Eltern verteilen.
- Geschäfte und Hersteller dürfen keine Sonderangebote machen und keine kostenlosen Proben verteilen.
- Es dürfen keine Bilder oder Begriffe auf Produktetiketten verwendet werden, die Flaschenfütterung besonders toll erscheinen lassen.
Vorsicht: Werbung über Baby-Club und Social Media
Werbung für Ersatzprodukte machen Hersteller trotzdem über andere Wege. Sie nehmen Kontakt zu Eltern im privaten Bereich auf, zum Beispiel über Telefon-Hotlines oder sogenannte "Baby-Clubs". Diese werden etwa in Drogerie-Märkten oder von Produkt-Herstellern direkt angeboten. Sie versprechen Infos und Vergünstigungen. Auch über digitale Kanäle wie Instagram oder TikTok nehmen Hersteller und Geschäfte Kontakt zu Eltern auf. In der Regel machen sie dabei Werbung für die Folgenahrung, verschicken Gratisproben dafür und bewerben Fläschchen und Trinksauger. Damit verstoßen sie gegen den WHO-Kodex. Er ist weitreichender als die EU-Regelungen.
Der WHO-Kodex: weltweit gültig
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat schon vor vielen Jahren Empfehlungen formuliert, um das Stillen weltweit zu fördern. Der sogenannte WHO-Kodex von 1981 geht in seinen Forderungen wesentlich weiter als die EU-Verordnung. Er empfiehlt zum Beispiel:
- Die strengen Regelungen für Säuglingsanfangsnahrung sollen auch für Milchersatzprodukte für Kinder bis drei Jahre gelten.
- Werbung, Sonderangebote und Gratisproben sollen auch für Flaschen und Trinksauger verboten sein.
- Hersteller dürfen gar keinen Kontakt zu Eltern aufnehmen, auch nicht über Social Media.
So entscheiden Sie selbst
Als Eltern haben Sie das Recht, persönlich zu entscheiden, ob sie stillen möchten oder nicht. Ohne Einfluss von Werbung.
Das können Sie als (werdende) Eltern selbst tun:
- Lassen Sie sich unabhängig und neutral beraten, schon in der Schwangerschaft: Bei Fragen rund ums Stillen, zum Stillbeginn oder auch zur Auswahl von Ersatznahrung.
- Seien Sie kritisch bei Informationen über Muttermilch-Ersatzprodukte und Werbung: Lehnen Sie zum Beispiel Gratisproben und Werbegeschenke ab. Markieren Sie Beiträge auf Social-Media-Kanälen mit „Kein Interesse“ oder „Interessiert mich nicht“. Sagen Sie bei Werbe-Anrufen, dass Sie keine weiteren Anrufe erhalten möchten.
Fachkräfte in den Frühen Hilfen beraten unabhängig
Gute und neutrale Beratung zu allen Fragen rund um das Stillen und zur Flaschenfütterung erhalten Sie von den Gesundheitsfachkräften in den Frühen Hilfen. Das können zum Beispiel Familienhebammen oder Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegende sein. Auch in Schwangerschaftsberatungsstellen, Stillcafés oder offenen Sprechstunden beraten Fachkräfte kostenfrei und neutral. Anlaufstellen der Frühen Hilfen in Ihrer Nähe finden Sie über die Suche Frühe Hilfen.
Weitere Informationen zum Thema
Grundlage für diesen Beitrag ist die Broschüre „Werbung für Muttermilchersatzprodukte“ vom Netzwerk Gesund ins Leben. Die Broschüre ist zur Weltstillwoche 2025 erschienen. Die Weltstillwoche hat das Motto "Du entscheidest. Nicht die Werbung."