Was passiert in einer Schreiambulanz?

Die meisten Babys schreien in den ersten Lebensmonaten. Doch was, wenn sich das Baby einfach nicht beruhigen lässt? Dann kann eine Schreiambulanz helfen.

Babys schreien, das ist ganz normal. Gesunde Babys schreien im 2. Lebensmonat im Durchschnitt 2 bis 2,5 Stunden täglich. Doch was können Eltern tun, wenn sich das Baby nicht beruhigen lässt und die Eltern das Schreien sehr belastet? Dann können sie zum Beispiel zu einer Schreiambulanz gehen. Das Beispiel der Münchner Sprechstunde für Schreibabys zeigt, wie die Hilfe dort aussehen kann.

Spezialisiert auf „Schreibabys“

Die Münchner Sprechstunde für Schreibabys im kbo-Kinderzentrum München ist seit 1991 spezialisiert auf Babys, die viel schreien. Sie behandelt aber auch Babys und Kleinkinder, die sehr schlecht schlafen oder schlecht trinken oder essen.  

Bei ausgeprägten Schrei-, Schlaf- und Fütterproblemen im Säuglings- und Kleinkindalter sprechen Fachleute von frühkindlichen Regulationsstörungen. „Man kann sagen, dass jedes 4.  bis 5.  Kind damit Schwierigkeiten hat“, sagt Dr. med. Margret Ziegler. Die Kinderärztin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin leitet die Münchner Sprechstunde für Schreibabys.

Es gibt zwar Kinder, die beispielsweise leicht einschlafen, doch oft brauchen Babys viel Unterstützung beim Einschlafen. Sie brauchen Hilfe von den Eltern, um zur Ruhe zu kommen und einen Schlaf- und Wachrhythmus zu finden. „Wie gut das einem Baby von allein gelingt, hat auch mit der Individualität des Babys zu tun“, erklärt Oberärztin Margret Ziegler. Eine Störung ist das erst einmal nicht.

Anders sieht es aus, wenn das Baby trotz der Unterstützung der Eltern mehrere Stunden am Tag unstillbar schreit oder extrem unruhig ist. „Das ist der Moment, wenn es gut ist, sich Hilfe zu suchen, beispielsweise in einer Schreiambulanz.“

Der erste Schritt: Bei einer Schreiambulanz anrufen

In der Münchner Sprechstunde für Schreibabys rufen regelmäßig Eltern an. Manchmal greifen auch Großeltern, Hebammen oder Ärztinnen und Ärzte zum Telefon. „Die Anrufenden machen sich in der Regel große Sorgen oder sind sehr belastet“, berichtet Ziegler. Dabei sind die Nöte der Anrufenden unterschiedlich: Manche rufen an, weil das Baby sehr viel schreit. Andere sorgen sich, weil das Baby schlecht schläft, es Probleme beim Füttern gibt oder die Mütter unter einer Wochenbettdepression leiden.

Die Mitarbeitenden der Schreibabyambulanz hören erst einmal zu, um mehr über das Problem zu erfahren. Dann wird ein erster Termin vereinbart. Je nach Dringlichkeit kann das innerhalb weniger Tage sein, meistens dauert es zwei bis vier Wochen. Bevor die Eltern mit ihrem Baby zur Schreibambulanz gehen, wird ihnen ein Fragebogen zugeschickt. Die Eltern beschreiben darin beispielsweise das Verhalten des Babys, wie es schläft, isst, wie oft es schreit.

Beratung vor Ort: Termin in der Schreiambulanz

Ewa zwei Stunden dauert der erste Termin in der Münchner Sprechstunde für Schreibabys. Eingeladen werden die Eltern und das Kind. Neben einer Kinderärztin oder einem Kinderarzt sind auch Entwicklungspsychologen bei dem Termin anwesend. In anderen Schreiambulanzen kann das anders sein. Wenn es notwendig ist, kommen weitere Expertinnen und Experten dazu. Das Baby wird untersucht. „Manche Babys schreien schon, wenn man sie auszieht“, weiß Margret Ziegler.

Die Expertinnen und Experten schauen sich auch an, wie die Eltern das Baby trösten, wenn es schreit. Hat das Kind Fütterprobleme, wird geschaut, wie es isst und gefüttert wird. Die Fachleute sehen sich auch an, wie die Beziehung zwischen Eltern und Kind ist. Anschließend erhalten die Eltern Tipps, was sie machen können. Wenn nötig, gibt es weitere Termine.

 „Viele Eltern haben massive Schuldgefühle und fragen sich, was sie falsch machen. Sie haben regelrecht Angst davor, dass das Baby schreit. Oft ist dann die Eltern-Kind-Beziehung sehr belastet und die Eltern haben wenig Freude an ihrem Kind“, erklärt Ziegler.

Zur Ruhe kommen in der stationären Betreuung

Schreit das Baby anhaltend, kann das sehr verunsichern. Es wird schwerer, schöne Momente wahrzunehmen – für die Eltern, aber auch für das Baby. Reichen die ambulanten Maßnahmen nicht aus, ist auch eine stationäre Behandlung möglich. Die Familie wohnt dann eine Weile in einer Klinik.

In der Klinik erhalten die Eltern Unterstützung im Alltag und können sich mit anderen Müttern und Vätern austauschen. Dadurch werden sie entlastet und in ihrer Elternrolle bestärkt. Das kann etwa dann sinnvoll sein, wenn ein Elternteil eine Wochenbettdepression hat.

Entspannt mit Baby: Mit Hilfe kann es klappen

 „Es heißt nicht umsonst, dass es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind großzuziehen. Da ist so viel dran. Man kann und muss nicht alles alleine schaffen. Schon gar nicht als Alleinerziehende“, stellt Kinderärztin Margret Ziegler fest. Deshalb ist es sehr wichtig, dass sich werdende Eltern früh überlegen, wer unterstützen kann. Am besten schon während der Schwangerschaft.

Hier gibt es Schreiambulanzen

Beratungen in Schreiambulanzen können unterschiedlich sein. Das hängt auch davon ab, wer berät und wo die Schreiambulanz angesiedelt ist. Beratung zum exzessiven Schreien gibt es zum Beispiel in Kliniken, Hebammenpraxen, psychotherapeutischen Praxen, Erziehungsberatungsstellen, in offenen Babysprechstunden oder Schwangerschaftsberatungsstellen.

Eine Schreiambulanz in ihrer Nähe finden Eltern über die bundesweite Suche Schreiambulanzen.

Unterstützung bieten auch die weiteren Angebote der Frühen Hilfen. Beispielsweise kann eine Familienhebamme die Familie begleiten oder eine Familienpatenschaft für Entlastung sorgen.

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