„Der Austausch miteinander macht mir Freude.“
Simone Eger lebt in Gera und engagiert sich seit über fünfzehn Jahren freiwillig in den Frühen Hilfen. Im Interview gibt sie Einblicke in die Willkommensbesuche.
In vielen Kommunen und Landkreisen erhalten Eltern nach der Geburt ihres Kindes einen Willkommensbesuch. Wer die Besuche durchführt, ist je nach Kommune unterschiedlich: Es können Fachkräfte sein oder Menschen, die sich freiwillig engagieren.
In Gera gibt es die Willkommensbesuche seit 2009. Entstanden sind sie im Leuchtturmprojekt „Hand in Hand – Kinder Willkommen“. Drei Jahre später wurden sie als Angebot in die Frühen Hilfen übernommen. Simone Eger ist von Anfang an als Freiwillige dabei. Inzwischen kümmert sie sich vor allem um die Organisation der Besuche. Sie selbst hat rund 2.000 Familien besucht.
elternsein.info: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich im Rahmen der „Willkommensbesuche“ ehrenamtlich zu engagieren?
In einem Einkaufszentrum stellten sich damals verschiedene Vereine und Projekte vor. Ich wurde angesprochen und gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, ehrenamtlich im Leuchtturmprojekt „Hand in Hand – Kinder willkommen“ zu arbeiten.
Wie wurden Sie damals auf Ihre Aufgaben vorbereitet?
Wir haben Schulungen bekommen, zum Beispiel über Datenschutz oder die frühkindliche Entwicklung. Wir haben auch Erste-Hilfe-Kurse und Kommunikationsschulungen erhalten. Und es waren verschiedene Fachkräfte bei uns zu Gast, darunter zum Beispiel Hebammen. Sie haben uns einen Einblick in ihre Arbeit gegeben.
Wie werden heute neue Freiwillige in Ihrem Team auf die Aufgabe vorbereitet?
Unsere Neueinsteiger werden von den „älteren Mitarbeitenden“ erst einmal an die Hand genommen. Sie begleiten uns bei unseren Besuchen, damit sie den Ablauf kennenlernen und wissen, an wen sie sich bei Fragen wenden können. Schulungen gibt es auch weiterhin, demnächst zum Beispiel wieder zum Thema Datenschutz.
Tauschen Sie sich im Team über die Besuche aus?
Wir treffen uns immer montags in der Ehrenamtszentrale. Dort tauschen wir uns über die Besuche aus: Ob es bestimmte Fragen von den Familien gab oder wie die Familien den Besuch aufgenommen haben. Wenn noch irgendwas unklar ist, wenden wir uns an unsere Netzwerkkoordinatorin. Denn manchmal haben die Familien Fragen, bei denen wir nicht weiterhelfen können. Die können wir dann im Nachhinein noch beantworten.
Wie läuft ein typischer Willkommensbesuch ab?
Als Erstes begrüßen wir uns natürlich und stellen uns vor. Dann fragen wir meistens, ob die Mama alles gut überstanden hat und ob sich Eltern und Kind jetzt schon ein bisschen aneinander gewöhnt haben.
Dann bekommen die Eltern Unterlagen von uns, zum Beispiel die Broschüre „Das Baby“, eine Infomappe und Wissenswertes über die Ernährung. Und wir verteilen verschiedene Listen, in denen die Eltern zum Beispiel Still- und Wickelpunkte in Gera finden können.
Wir informieren auch über Freizeitangebote für Familien in Gera und verteilen verschiedene Flyer von Partnern und Einrichtungen, die mit uns zusammenarbeiten. Zum Abschluss bekommen die Familien dann ein kleines Willkommensgeschenk.
Darf ich fragen, was das Willkommensgeschenk ist?
Das ist ein Gesundheitsset für Babys. Enthalten ist: Ein Fieber-Thermometer, ein Nasensauger und ein Nagel-Knipser. Kamm und Bürste sind ebenfalls mit dabei, oft auch noch eine kleine Pflegesalbe. Das alles ist in einem kleinen Täschchen verpackt. Zusätzlich können sich die Eltern ein paar handgestrickte Söckchen aussuchen. Das Ehrenamtsprojekt „Strickliesel“ in Gera strickt die Babysöckchen für uns.
Wie dauert lange ein Willkommensbesuch?
In der Regel zwischen 20 und 30 Minuten. Es kommt immer drauf an: Manche Eltern haben viele Fragen. Es kann auch länger dauern, wenn man sich anschließend verplaudert.
Welche Themen sind den Familien mit Neugeboren am wichtigsten?
Vor allem geht es um die Gesundheit der Kinder und um frühkindliche Förderung, Ernährung und Schlaf. Es gibt aber auch oft Fragen nach Unterstützungsangeboten, zum Beispiel „Ich brauche mal eine Stunde Zeit für mich. Gibt es da auch Unterstützungsangebote?“. Da haben wir in Gera das schöne Projekt „Wellcome“. Dort gehen Ehrenamtliche in die Familien und unterstützen sie.
Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass eine Familie ganz konkreten Unterstützungsbedarf hat?
Wir informieren dann über Angebote, an die sie sich wenden können. Wenn die Eltern es wünschen, können wir auch gleich den Kontakt herstellen. Und wir geben den Familien einen Wegweiser der Stadt Gera, wo alle Unterstützungsangebote aufgeführt sind.
Welche Tipps können Sie Menschen geben, die sich vielleicht auch freiwillig engagieren möchten?
Als Erstes ist es wichtig, seine Motivation und Kapazitäten zu prüfen. Kann und will ich das überhaupt? Setze ich meine eigenen Ressourcen durch dieses freiwillige Engagement sinnvoll ein?
Gerade bei unserem Projekt ist es wichtig, dem Gegenüber Aufmerksamkeit schenken zu können. Das heißt, gut zuzuhören und ein offenes Ohr zu haben, weil es Eltern gibt, die einfach nur mal reden möchten.
Welche Fähigkeiten sollten Interessierte noch mitbringen?
Empathie, also Einfühlungsvermögen sollten sie mitbringen. Und ganz wichtig ist bei uns: Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Die Termine stehen fest, die Familie erwartet einen an dem vereinbarten Tag. Egal, ob es draußen regnet, schneit oder 35 Grad sind, die Besuche müssen durchgeführt werden. Teamfähigkeit und Kooperationsbereitschaft gehören auch dazu.
Was macht Ihnen besonders Freude bei der Arbeit mit den Familien?
Wir treffen meistens auf „freudige Eltern“, das ist für mich das Schöne daran. Und auch der Austausch miteinander und das Gefühl, den Familien helfen zu können, machen Freude.
Ich freue mich auch, wenn ich durch die Stadt gehe und mir Eltern „Hallo“ sagen. Vor Kurzem war ich zum zweiten Mal in einer Familie.Die Mama zückte ihr Handy und zeigte mir ein Foto, auf dem ich zu sehen war – beim Willkommensbesuch mit dem ersten Baby.
13. Oktober 2025